Quelle: Alpenverein Landesverband Kärnten
Unfall in der Mauthner Klamm am 16. 8. 2019: Kein Verschulden der Sektion Obergailtal-Lesachtal (OGH-Urteil vom 28. 10. 2024)
Der schreckliche Unfall am 16. 8. 2019 in der Mauthner Klamm, bei dem ein 4-jähriges Mädchen durch ein aus großer Höhe herabfallendes Baumstück tödlich verletzt wurde, erschütterte damals auch die große Alpenvereinsfamilie, und zwar auch deshalb, weil eine ÖAV-Sektion - Obergailtal-Lesachtal - nebst der Gemeinde Kötschach-Mauthen als Wegehalter unmittelbar betroffen war. Der leidgeprüften Familie gebührt unsere Anteilnahme und unser aufrichtiges Beileid.
Diese Tragödie hatte auch juristische Nachwirkungen, sowohl straf- als auch zivilrechtliche.
Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der zuständigen Wegehalter (Gemeinde und ÖAV-Sektion) wurde nach aufwändigen Vorerhebungen der Alpinpolizei und der Staatsanwaltschaft verneint.
Zivilrechtlich machten die Eltern (Trauer-)Schmerzengeld, den Ersatz von Begräbnis- und Behandlungskosten und die Feststellung der Haftung für künftige Schäden aus dem Unfall gegenüber der Gemeinde Kötschach-Mauthen und der Sektion Obergailtal-Lesachtal geltend. Beide Beklagten hätten als Wegehalter die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen unterlassen, sie seien daher für die eingetreten Schäden haftbar.
Das Landesgericht Klagenfurt gab zunächst - in einem Teilurteil - dem Klagebegehren dem Grunde nach statt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Graz gab den Berufungen beider Beklagten Folge und wies die Klage mit ausführlicher Begründung ab. Eine ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
Die außerordentliche Revision der Kläger - Eltern des verunglückten Kindes - zeigte keine erheblichen Rechtsfragen auf, die eine Änderung der OLG-Entscheidung herbeiführen konnten.
Im Detail stellte der Oberste Gerichtshof (OGH) fest:
- Alle angelegten Wanderwege, alpinen Steige und versicherte Klettersteige sind Wege im Sinne des § 1319a ABGB.
- Eine Haftung nach § 1319a ABGB besteht nur bei grober Fahrlässigkeit des Wegehalters. Die Beurteilung der Verschuldensfrage ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Grob fahrlässig handelt, wer die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlicher Weise verletzt; der Eintritt des Schadens ist nicht nur möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen.
- Im vorliegenden Fall sei ein Bruch des Baumstückes ohne Einwirkung von außen nicht zu erwarten gewesen; es sei in einem Steilbereich gelegen, in dem keine Forstarbeiten oder Kontrollen möglich gewesen seien. Die Kontrollmaßnahmen seien ausreichend gewesen.
- Die Pflicht des Wegehalters zur Warnung vor Gefahren durch entsprechende Hinweisschilder betrifft "atypische Gefahrenquellen".
- Vorliegend hat sich hingegen das gerade "typische" Risiko verwirklicht, das auf einem Weg durch eine alpine Klamm mit steilen, teilweise überhängenden Felswänden grundsätzlich besteht. Dieses Risiko ist (normalerweise) jedem - auch ortsunkundigem Benutzern - ohne gesonderten Warnhinweise erkennbar
- Die Verneinung der Haftung der Beklagten nach § 1319a ABGB steht daher mit den Grundsätzen der herrschenden Rechtsprechung im Einklang. Die Begründung des OLG Graz wird demnach als zutreffend erachtet.
Das Unglück war ein schrecklich tragischer Unfall. Aber nicht für jedes noch so schlimme Ereignis kann jemand haftbar gemacht werden; man spricht dann von "höherer Gewalt", die bei diesem tragischen Unglück im wahrsten Wortsinn eintrat.
(Werner Radl)
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